03. Mai 2021

«First Responder» als Lebensretter auch im Baselbiet "Artikel Basel Express Mai 2021"

«First Responder» als Lebensretter auch im Baselbiet

Bei lebensbedrohlichen Situationen, wie einem Herzinfarkt, können ausgebildete Ersthelfer für schnelle Hilfe sorgen. Nach dem «First Responder»-System in Basel-Stadt wird durch die Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz seit dem 30. Oktober 2019 auch im Kanton Basel-Landschaft ein solches System betrieben. Die Stiftung macht sich aber auch an Schulen für Erste Hilfe-Kurse stark.

 

Wenn ein Mensch einen Herz-Kreislaufstillstand erleidet, dann entscheiden wenige Minuten über seine Überlebenschance. Die professionellen Einsatzkräfte der Rettungsdienste versuchen alles, um in der nötigen Hilfsfrist beim Patienten zu sein. Es vergeht aber immer eine gewisse Zeit, ehe sie vor Ort sein können. Um diese kritische Phase überbrücken zu können, geht es darum, so schnell wie möglich Wiederbelebungsmassnahmen einzuleiten. Neben zufällig hilfeleistenden Personen werden zunehmend «First Responder», sogenannte Ersthelfer, rekrutiert. Diese registrierten freiwilligen Laienhelfer, welche sich in der Nähe eines Notfalls befinden, werden via APP von der Notrufzentrale 144 alarmiert. Sie quittieren den Alarm, eilen zum Einsatzort und überbrücken die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungsdienste mit lebensrettenden Sofortmassnahmen. Jeder kann ein «First Responder» und damit ein Lebensretter werden. Jede Sekunde zählt und entscheidet darüber, ob ein Mensch zu seiner Familie oder auch an den Arbeitsplatz zurückkehren kann.


Basler Polizisten als Lebensretter

 

Im Kanton Basel-Stadt existiert seit 2018 ein solches gut funktionierendes «First Responder»-System. «20 Minuten» berichtete jüngst von einem Fall im Basler Gellertquartier. Dort erlitt im Januar eine Frau auf offener Strasse einen Herzstillstand. Durch Polizisten, die zwar zufällig auf Patrouillenfahrt vorbeikamen, aber wie «First Responder» reagierten, wurde sie reanimiert und konnte sich mittlerweile wieder vollständig erholen.


«First Responder»-System auch im Landkanton

 

Mit Hilfe der Gründungsstifter und dem Swisslosfonds Basel-Landschaft werden auch im Kanton Basel-Landschaft seit Oktober 2019 Leben gerettet. Seit dem 1. Januar 2021 besteht eine Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton Basel-Landschaft, dem Kantonsspital Baselland (KSBL) und der Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz. In den Jahren 2021 bis 2023 werden durch die Baselbieter Regierung für das ambitionierte Projekt 381 000 Franken zur Verfügung gestellt. Dabei hatten die ersten Ausbildungsaktivitäten bereits vor zwei Jahren begonnen.


Erste Schulungen im September 2019

 

«Im Kanton Basel-Landschaft werden seit September 2019 kostenlose First Responder-Einführungs- Informationsveranstaltungen angeboten», teilte dieGeschäftsführerin der Stiftung «Ersthelfer Nordwestschweiz», Céline Marchon mit. Beispielsweise in Laufen, Gelterkinden, Reinach, Pratteln, Oberdorf oder Reigoldswil. «Die Ausbildungen erfreuten sich im Baselbiet einer grossen Nachfrage.» Coronabedingt musste mit den Einführungs-Informationsveranstaltungen über längere Zeit pausiert werden. Trotzdem waren ausbildete Ersthelfer schon aktiv. «Die bereits registrierten `First Responder` werden in der schwierigen Zeit von Corona von uns begleitet und wenn gewünscht mit Schutzmasken ausgerüstet. Eine Einsatzannahme ist absolut freiwillig und liegt in der persönlichen Eigenverantwortung. Daher war auch ein Nichtausrücken während der Pandemie zu verstehen. Wir waren jedoch sehr froh, trotzdem auf die `First Responder` zählen zu dürfen.»


Ziel: Flächendeckende Verfügbarkeit von Ersthelfern

 

«Unser Ziel ist es, dass möglichst jeder Patient innerhalb der kritischen Frist von 3 bis 5 Minuten nach Eintreten eines Herz-Kreislaufstillstands erreicht wird», ergänzte Céline Marchon. Im besten Fall mit einem öffentlich zugänglichen Defibrillator, da dieser die Überlebenschancen wesentlich erhöht. «Wir streben an, flächendeckend `First Responder` zur Verfügung zu haben. Ein Zuviel ist nicht möglich, da das System der Smartphone APP lediglich die drei `First Responder`, welche sich am nächsten am Einsatzort befinden, für den Einsatz akzeptiert.»


Auch Laien sind jederzeit herzlich willkommen

 

«Ein grosser Teil der bereits registrierten `First Responder` kommt aus Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, Polizei oder Grenzwache», berichtet Céline Marchon. «Ebenso unterstützen uns die regionalen Samaritervereine und Partnerorganisationen in der Werbung und Kursdurchführung. Des Weiteren werden Pflegepersonal und Hausärzte mobilisiert. Und selbstverständlich kann sich jeder Laie, der die kritische Zeit bei einem Herz-Kreislauf-Notfall überbrücken möchte, bei uns melden.» Das Alarmierungselement der Ersthelfer ist die bikantonale Smartphone APP – 1st Responder Kanton BS/BL –, die kantonsübergreifend funktioniert. «`First Responder` werden automatisch in beiden Kantonen zugelassen.»


Defibrillatoren werden registriert

 

Die Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz hat – neben der `First Responder`-Ausbildung – eine weitere wichtige Aufgabe. «Wir sensibilisieren und beraten die Bevölkerung, damit ihre Defibrillatoren öffentlich zugänglich gemacht werden können», so Marchon. Sämtliche Geräte werden erfasst und ins System der Smartphone-Alarmierung übernommen. «Leider sind noch viele der registrierten Automatisch-Externen-Defibrillatoren (AED) nur zu Bürozeiten verfügbar», bedauert die Geschäftsführerin. «Durch die Erfassung der Geräte ist es uns möglich, aktiv Gemeinden zu beraten und ihnen aufzuzeigen, an welchen Standorten ein AED positioniert werden könnte. Um diese Standorte zu ermitteln helfen uns unter anderem Einsatzdaten, die Bevölkerungsdichte sowie weitere statistische Daten. Wenn das Gemeindebudget nicht überstrapaziert werden soll, kann eine gestaffelte Anschaffung von AEDs über die Jahre sehr sinnvoll sein.»


Einweisung in Wiederbelebung schon für Schüler

 

Nicht nur Erwachsene, sondern auch Schüler sollen schon frühzeitig mit dem Thema Wiederbelebung vertraut gemacht werden. Denn: Niemand ist zu klein, um ein Retter zu sein. «Bereits Ende 2018 konnte das erste Pilotprojekt `Wiederbelebungskurs im Schulunterricht` an einer Schule im Kanton Basel-Landschaft gestartet werden», schaute Céline Marchon zurück. «In den Folgejahren konnten weitere Schulen begleitet werden. Die ersten Pilotprojekte waren sehr erfolgreich. So konnte gezeigt werden, dass über die Lehrerausbildung ein Wiederbelebungskurs für Schüler umgesetzt werden kann. Die freiwilligen Lehrer waren engagiert und die Rückmeldungen positiv. Gleichfalls positiv waren die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler.»


Schulen wünschen sich Fortsetzung der Kurse

 

«Die teilnehmenden Schulen möchten diese Kurse auch im nächsten Jahr fortsetzen», freut sich die Geschäftsführerin der Stiftung. «Durch die alleinige Finanzierung der Schulprojekte ist die Stiftung «Ersthelfer Nordwestschweiz» auf Spenden und Gönnerbeiträge angewiesen, um die Schulprojekte weiter vorantreiben zu können.» Die Schulprojekte erhalten keine kantonalen Subventionen. Die Stiftung freut sich über finanzielle Zuwendungen jeglicher Art. (ur)


Weiter Infos: Stiftung «Ersthelfer Nordwestschweiz» c/o Kantonsspital Baselland, Rheinstrasse 26, 4410 Liestal, Tel +41 79 857 59 34, www.stiftung-ersthelfer.ch